Reisebericht mit Route

Lovely Lettland


Wandern, Baden und Camping mit Meerblick


August/September 2022


Reisedauer:


12 Tage (ohne An-und Abreise)


Reiseverlauf:


2 Tage Hinfahrt über Bautzen und Breslau (Deutschland und Polen) und den Nationalpark Biebrzanski Park Narodowy (Polen)


8 Tage Reise durch Litauen


Tag 11 Stadtbummel durch Liepaja


Tag 12 Wandern auf dem E9 bei Liepaja (Richtung Norden)


Tag 13 Wandern auf dem E9 bei Liepaja (Richtung Süden)


Tag 14 Wandern auf dem E9 bei Jurkalne (Richtung Norden)


Tag 15 Wandern auf dem E9 bei Jurkalne (Richtung Süden)


Tag 16 -17 Badespaß in der lettischen Ostsee, ausgedehnte Strandspaziergänge und den Sonnenuntergang an der Steilküste von Jurkalne bestaunen


Tag 18 Stadtbummel durch Riga


Tag 19 Wandern auf dem E9 bei Tuja (Richtung Norden)


Tag 20 Wandern auf dem E9 bei Tuja (Richtung Süden)


Tag 21 – 22 Badespaß in der lettischen Ostsee, ausgedehnte Strandspaziergänge und den Sonnenuntergang am Strand genießen


9 Tage Reise durch Estland


Tag 34 Stadtbummel durch Cesis


4 Tage gemütliche Rückreise über Litauen und Polen



Wanderungen:


Verschiedene Abschnitte auf dem europäischen Küstenwanderweg E9

- Distanz ca. 12 km pro Tag

- Dauer ca. 3-4 Stunden pro Tag

- meist beschildert

- beste Reisezeit Mai-Oktober

- leicht


Unterkünfte:


Liepaja: Verbelnieki

Jurkalne: Sili Kempings

Tuja: Camping Jurasdzeni

freie Stellplätze


Geheimtipps:


Snack-Geheimtipp: Breadsticks

City-Geheimtipp: Liepaja

Kleinstadt-Geheimtipp: Cesis

Strand-Geheimtipp: alle!

An-/Rückfahrts-Geheimtipp: Kaunas (Litauen)


Vermeiden:


Böse-Überraschungen-bei-Restaurantbesuchen-vermeiden: Hunde in einigen Restaurants nicht erlaubt

Vegetarische-Gourmet-Enttäuschungen-vermeiden: meist fleischlastige Küche




Reiseziel Baltikum


So sehr wir unsere Heimat Stuttgart lieben, waren wir im Sommer 2022 bei der Auswahl eines Reiseziels auf der Suche nach einem Gegengewicht: neu und aufregend sollte es sein, mit ganz viel Ruhe und Natur. Schön wäre ein camping- und hundefreundliches Land, mit tollen Wanderwegen und am besten mit kulinarischen Highlights. Kompromisse muss man bei der Urlaubsplanung immer eingehen, aber bei einem Aspekt waren wir absolut nicht bereit Abstriche zu machen: Wir wollten im Urlaub endlose, entspannte Strand-Spaziergänge mit Nelly und Aila unternehmen.


Der Waldwanderweg E11 und der Küstenwanderweg E9 verlaufen beide quer durch Europa und enden in Tallinn, Estland. In den baltischen Staaten gibt es wunderschöne, unberührte Strände, charmante, weltoffene Städte und vor allem sehr wenig Touristen – perfekt für unser kleines Rudel. Wir entschieden uns also dazu, mit dem Wohnmobil über Polen durch die baltischen Staaten bis nach Tallinn zu fahren und dabei zwischen dem Küstenwanderweg E9 und Küstenwanderweg E11 hin und her zu pendeln – so zumindest der Plan.


Hinfahrt über Bautzen und Breslau


Auf der Hinfahrt wählten wir Bautzen in Deutschland und Breslau in Polen als kleine Zwischenstopps. Bautzen ist überschaubar und charmant – perfekt für einen Kaffee mit Kuchen und einen kleinen Stadtbummel. Breslau ist etwas größer und touristischer, aber unglaublich schön. Wahrscheinlich wäre etwas mehr Zeit in der quirligen Studentenstadt sinnvoll gewesen, um all die schönen, versteckten Ecken zu finden und das kulturelle Angebot zu genießen.

















Reise durch Litauen


Litauen bildete unser Einstiegsland ins Baltikum und hat uns vom ersten Tag an umgehauen. Wir haben uns sofort schockverliebt und genossen jede einzelne Sekunde an den endlosen, oft naturbelassenen Stränden, in den freundlichen Städten und auf den gemütlichen Campingplätzen direkt am Meer. Unsere Erwartungen an Lettland waren dementsprechend hoch.


Stadtbummel durch Liepaja


Mit Liepaja erwischten wir gleich zu Beginn unserer Lettlandreise ein kleines, unentdecktes Highlight. Die drittgrößte Stadt Lettlands ist authentisch und quirlig. Wir stolperten direkt in einen geschäftigen Markt, auf dem viele Einheimische ihre Wocheneinkäufe erledigten und anschließend gemütlich einen Kaffee in der Sonne tranken. Also taten wir es ihnen gleich und setzten uns nach einigen Schnäppchen in ein charmantes, kleines Café an einer Straßenecke. Nicht ganz so charmant fanden wir die Preise: die 7 Euro für ein Stück Kuchen kratzen an unserer Schmerzgrenze. Uns war im Allgemeinen schon aufgefallen, dass die baltischen Länder nicht so günstig waren, wie wir es erwartet hatten. Je nachdem was und wo man einkauft, muss man mindestens mit deutschen Preisen, zum Teil auch noch höheren Preisen rechnen.













Unser Bummel führte uns anschließend weiter durch die kleine aber feine Innenstadt, wo wir in der wuseligen Fußgängerzone direkt im nächsten Bistro hängen blieben - es war schließlich Zeit fürs Mittagsessen.


Unser Stadtspaziergang verlief dann weiter Richtung Meer. Bei Stadtstränden haben wir oft das Gefühl, unglückliche Kompromisse eingehen zu müssen: entweder sind sie kaum noch idyllisch, eng und dreckig oder nicht mehr wirklich stadtnah. Hier fanden wir die perfekte Kombi: ein sauber, breiter und feiner Sandstrand, mit dem Gefühl wirklich am Meer und in der Natur zu sein, gesäumt von Strandcafés, Bars und Spielplätzen und dabei trotzdem nur einen gemütlichen Spaziergang von der Innenstadt entfernt.


Mit den Hunden am Strand und in Cafés


Wie auch in Litauen sind Hunde streng genommen an den meisten Stränden in Lettland nicht oder nur zu bestimmten Zeiten erlaubt. Praktisch sahen wir aber überall Hunde – meist mit Einheimischen. Nach und nach fanden wir heraus, dass Hunde zwar oft offiziell verboten, bei rücksichtsvollem Verhalten aber so gut wie immer geduldet sind. Solange man also keinen schlecht erzogenen Hund zur Hauptbadezeit über den Strand jagen lässt, hat man in der Regel keine Probleme.
















Anders in Restaurants und Cafés: Hier waren Fellnasen in den Innenräumen meist verboten. Für uns war dies im Sommer kein Problem und wir fanden immer einen schönen Platz in den Außenbereichen – bei fast durchgehend 25-30 Grad wollten wir ohnehin lieber in der Sonne (oder im Schatten) sitzen.


Strandspaziergänge bei Nica


Der Fernwanderweg E9 verläuft auf Wanderwegen neben oder direkt am Strand entlang. Unseren ursprünglichen Plan, täglich ein Stück des E9 zu wandern, unser Wohnmobil umzusetzen und so (fast) den kompletten Weg bis Tallinn zu gehen, hatten wir bereits in Litauen verworfen. Alle Strände, die wir in Lettland gesehen haben, bieten unendliche Spazier- bzw. Wandermöglichkeiten - sowohl direkt am Meer, als auch in den vielen direkt angrenzenden Wäldchen. Warum also nach irgendwelchen offiziellen Wanderwegen und Beschilderungen Ausschau halten? Wir richteten uns für jeweils ein paar Tage auf einem Campingplatz ein, spazierten riesige Morgenrunden am Strand und durch die Wälder und badeten nachmittags in der Ostsee.


Unser Campingplatz etwas nördlich von Liepaja war sehr großzügig angelegt, mit einem großen Spielplatz, Restaurant und einer Unmenge an Stellplätzen. Auf dem Platz trafen sich viele Gruppen, die dort über das Wochenende gemeinsam feierten, was den Platz sehr geschäftig und zum Teil etwas lärmend machte. Der direkte Strandzugang und der endlose, breite Sandstrand, auf dem man auch wunderbar joggen konnte, waren dafür ein großes Plus.


Die Steilküste von Jurkalne


Wir hatten bisher auf wirklich gemütlichen, meist familiären Campingplätzen, mit einem direkten Zugang zum Meer genächtigt - genau wie wir uns das gewünscht hatten. Trotzdem waren wir immer noch auf der Suche nach diesem einen  ultimativen Stellplatz, einsam und ruhig am besten, mit einem freien Blick aufs Meer und den Horizont. Ein Platz, von dem aus wir abends ganz ungestört der Sonne dabei zusehen konnten, wie sie zischend im Meer verschwindet, während wir Rosenlimonade tranken und Nelly und Aila auf unseren Füßen liegend schlummerten. Ja, das schien uns trotz der Einsamkeit und gewaltigen Schönheit der baltischen Strände dann doch etwas zu träumerisch und unrealistisch.















...bis zur Steilküste von Jurkalne! Gleich auf mehreren Campingplätzen fanden wir Stellplätze in vorderster Reihe, zum Teil beängstigend nahe an den Klippen. Am Wochenende waren die Plätze völlig überfüllt mit lettischen Familien und feierwütigen Freundesgruppen, aber unter der Woche hatten wir ihn endlich: den einsamen Platz mit idyllischem Meerblick. Wir bauten uns ein kuscheliges, kleines Lager auf und verfielen in eine gemütliche Routine: ausgiebige Spaziergänge am Strand (von den Klippen führen viele schmale, steile Holztreppen an den naturbelassenen Strand), lesen, baden, spielen, Rosenlimonade trinken und der Sonne abends dabei zusehen, wie sie zischend im Meer versinkt.


Der Vollständigkeit halber sollten wir an dieser Stelle anmerken, dass die sanitären Anlagen auf den Campingplätzen bei Jurkalne allesamt unterirdisch waren - entweder man hat den Luxus auf eine Dusche und ein Klo im eigenen Camper zurückzugreifen oder... Augen zu und durch.


Großstadtfeeling in Riga


Auf unserem Weg Richtung Norden ließen wir den Touristenort Jurmala links liegen und fuhren direkt nach Riga. Bei einer Tour an der Ostseeküste entlang, liegt die Hauptstadt Lettlands  ganz praktisch auf dem Weg. Obwohl Riga die größte Stadt des Baltikums ist und sofort Großstadtfeeling versprüht, ist der Verkehr recht gemäßigt und wir hatten keinerlei Probleme einen Parkplatz direkt in der Stadt zu finden.


Ohne einen Sightseeing-Plan ließen wir uns einfach durch die Straßen und Parks von Riga treiben und sogen die entspannte, oft alternative Stimmung auf. Uns war bereits in einigen Ländern Osteuropas aufgefallen, dass sich die komplette vegetarische/vegane Szene in der Hauptstadt oder zumindest den großen Städten zu ballen scheint.  Während man in den ländlichen Regionen oft Schwierigkeiten hat, vegetarische Restaurants oder überhaupt einzelne vegetarische Gerichte zu bekommen, reiht sich in Riga ein veganes Café ans andere.
















Wir genossen ein Tagesessen in einem kleinen Bistro mit fast schon klischeehaften runden Tischen und Klappstühlen im Schatten eines riesigen Baums. Nelly und Aila versuchten charmant etwas vom Nebentisch abzustauben, was ihnen zwar nicht gelang, uns aber in ein nettes Gespräch mit unseren Tischnachbarn verwickelte. Wir hatten auf unserer Reise schon einige Litauer und Letten getroffen, die fließend deutsch sprachen und auch hier in Riga plauschten wir in mehreren Cafés in unserer Muttersprache. 


Für uns war ein Tag in Riga vollkommen ausreichend, um die Innenstadt mit einigen Sehenswürdigkeiten wie dem Schwarzhäupterhaus oder dem Zentralmarkt bei gemütlichen Spaziergängen mit vielen Kaffeepausen zu erkunden. Wir waren den ganzen Tag mit den beiden Zuckerhasen unterwegs, weshalb wir keine Museen oder kulturelle Veranstaltungen besuchen konnten. Andernfalls kann man hier mit Sicherheit noch ein paar weitere spannende und gleichzeitig entspannte Tage verbringen.


Natur pur bei Tuja


Unser Weg führte uns direkt weiter nach Tuja. Beziehungsweise eigentlich mitten ins Nirgendwo - um ehrlich zu sein, mussten wir beim Schreiben dieses Beitrags den nächstgelegenen Ort googeln (Tuja). Wir fanden einen schönen Campingplatz mit sauberen sanitären Anlagen und einer heimeligen Strandbar. Wir ergatterten wieder einen Stellplatz direkt am Meer, auch wenn der Ausblick nicht ganz so spektakulär war wie in Jurkalne. Wie immer, wenn wir uns an einem Ort besonders wohl fühlen, fielen wir in einen bequemen Alltagstrott: ausgedehnte Wanderungen direkt am Strand, ein Cappuccino in der Strandbar, Lesestunden am Strand und romantische Strandspaziergänge bei Sonnenuntergang. Ich glaube Nelly und Aila verstanden überhaupt nicht, warum wir nach einigen Tagen die Zelte abbrachen und der Küste weiter Richtung Norden folgten ("Hier gibt es einen Strand zum Spielen, wir haben genügend zu  futtern und knuddeln in der Sonne - warum wollt ihr hier weg?"). 













Aufbruch nach Estland


Ja, tatsächlich wussten wir das selbst nicht so genau und wären am liebsten ewig geblieben. Aber da wartete schließlich noch Estland auf uns und wir freuten uns unglaublich auf das nördlichste der baltischen Staaten. Glücklicherweise führte uns unser Rückweg noch einmal komplett durch Lettland und wir suchten uns direkt ein verstecktes Juwel raus: die kleine romantische Stadt Cesis.


Ausflug nach Cesis


Die Fahrt von Estland zurück nach Süddeutschland kann einem endlos vorkommen, es sei denn, man findet herrlich schöne Zwischenstopps. Cesis ist ein winziges, aber sehr lebendiges Städtchen mit einem hübschen Innenstadtkern. Auch das umliegende Schloss und die Burg sind einen Besuch wert, vor allem wenn man ihn mit einer gemütlichen Wanderung verbindet.


Heimfahrt über Litauen und Polen


Auch beim zweiten Mal tat es weh, Lettland zu verlassen, wir versuchten aber weiterhin, aufregende Ausflüge und entspannte Tage auf dem Rückweg einzubauen. Wir fingen die letzten Sonnenstrahlen an der schönen litauischen Küste ein und bummelten durch Kaunas (Litauen) und Lodz (Polen).










Liebeserklärung an die baltischen Staaten


Ein Teil von uns kann es immer noch nicht glauben, dass Litauen, Lettland und Estland so naturbelassen, so friedlich, so gewaltig schön und gleichzeitig so unentdeckt sind. Warum fahren so viele Touristen an die immergleichen, überfüllten Strände in Italien, Kroatien und den Niederlanden, aber kaum nach Litauen, Lettland oder Estland? Eine kleine egoistische Stimme in unserem Kopf sagte uns immer wieder, nicht über diese Reise zu schreiben. Um diesen ultimativen Geheimtipp wirklich geheim zu halten. Aus Angst davor, die Magie könnte verloren gehen, wenn die baltischen Staaten mehr und mehr von Reisenden entdeckt werden. Das ist natürlich Quatsch (oder?). Es ist schwer vorherzusagen, wie sich der Tourismus im Baltikum entwickeln wird. Im Moment können wir uns kaum ein schöneres Reiseziel vorstellen. Nach unzähligen (gemeinsamen) Reisen und über 50 bereisten Ländern waren wir uns einig: unser Rudel-Roadtrip durchs Baltikum war die bislang schönste Reise, die wir je unternommen hatten.


*Namensnennungen - unbezahlt