Reisebericht mit Route

Verliebt in Litauen


Endlose Strandspaziergänge und Küstenwanderungen


August/September 2022


Reisedauer:


14 Tage


Reiseverlauf:


Tag 1 Hinfahrt über Bautzen und Breslau (Deutschland und Polen)


Tag 2 Hinfahrt über den Nationalpark Biebrzanski Park Narodowy (Polen)


Tag 3 Hinfahrt nach Karkle


Tag 4 Wandern auf dem E9 bei Karkle (Richtung Süden)


Tag 5 Wandern auf dem E9 bei Karkle (Richtung Norden)


Tag 6 Stadtbummel durch Klaipeda


Tag 7 Entspannung auf dem Campingplatz und Badespaß in der Ostsee


Tag 8 Stadtbummel durch Palanga


Tag 9 Wandern auf dem E9 bei Palanga (Richtung Süden)


Tag 10 Wandern auf dem E9 bei Palanga (Richtung Norden)


24 Tage Reise durch Lettland und Estland


Tag 35 – 36 Die letzten sommerlichen Sonnenstrahlen an der litauischen Küste genießen


Tag 37 Heimfahrt über Kaunas


Tag 38 Heimfahrt über Lódz (Polen)


Wanderungen:


Verschiedene Abschnitte auf dem europäischen Küstenwanderweg E9

- Distanz ca. 12 km pro Tag

- Dauer ca. 3-4 Stunden pro Tag

- meist beschildert

- beste Reisezeit Mai-Oktober

- leicht


Unterkünfte:


Karkle: Karkelbeck No.409

Palanga: Camping at the Sea

freie Stellplätze


Geheimtipps:


Snack-Geheimtipp: Breadsticks

(veganer) Restaurant-Geheimtipp: „Vilties vaistines arbatine“ in Kaunas

Stadt-Geheimtipp: Kaunas

Strand-Geheimtipp: alle!

Fahrt-Geheimtipp: Lódz


Vermeiden:


Böse-Überraschungen-bei-Restaurantbesuchen-vermeiden: Hunde in einigen Restaurants nicht erlaubt

Vegetarische-Gourmet-Enttäuschungen-vermeiden: meist fleischlastige Küche




Reiseziel Baltikum


So sehr wir unsere Heimat Stuttgart lieben, waren wir im Sommer 2022 bei der Auswahl eines Reiseziels auf der Suche nach einem Gegengewicht: neu und aufregend sollte es sein, mit ganz viel Ruhe und Natur. Schön wäre ein camping- und hundefreundliches Land, mit tollen Wanderwegen und am besten mit kulinarischen Highlights. Kompromisse muss man bei der Urlaubsplanung immer eingehen, aber bei einem Aspekt waren wir absolut nicht bereit Abstriche zu machen: Wir wollten im Urlaub endlose, entspannte Strand-Spaziergänge mit Nelly und Aila unternehmen.


Der Waldwanderweg E11 und der Küstenwanderweg E9 verlaufen beide quer durch Europa und enden in Tallinn, Estland. In den baltischen Staaten gibt es wunderschöne, unberührte Strände, charmante, weltoffene Städte und vor allem sehr wenig Touristen – perfekt für unser kleines Rudel. Wir entschieden uns also dazu, mit dem Wohnmobil über Polen durch die baltischen Staaten bis nach Tallinn zu fahren und dabei zwischen dem Küstenwanderweg E9 und Küstenwanderweg E11 hin und her zu pendeln – so zumindest der Plan.


Hinfahrt über Bautzen und Breslau


Auf der Hinfahrt wählten wir Bautzen in Deutschland und Breslau in Polen als kleine Zwischenstopps. Bautzen ist überschaubar und charmant – perfekt für einen Kaffee mit Kuchen und einen kleinen Stadtbummel. Breslau ist etwas größer und touristischer, aber unglaublich schön. Wahrscheinlich wäre etwas mehr Zeit in der quirligen Studentenstadt sinnvoll gewesen, um all die schönen, versteckten Ecken zu finden und das kulturelle Angebot zu genießen.
















Ankunft in Litauen - Karkle


Nach 3 Tagen und fast 20 Stunden Fahrt kamen wir am frühen Abend endlich in Litauen an. Unser erster Campingplatz lag einige Kilometer nördlich von Klaipeda und war unspektakulär aber überaus charmant. Die Plätze sind rings um einen kleinen Kaffeewagen mit gemütlichen Sitzgelegenheiten angeordnet und hinter dem Campingplatz führt ein schmaler Weg ca. 200 Meter direkt zum Strand.


Wir waren total aufgeregt und konnten es kaum erwarten, endlich mit Nelly und Aila am Strand zu spazieren. Wir hatten überhaupt keine Vorstellung davon, wie der Strand aussehen und die Stimmung dort sein würde und stapften voll Vorfreude, aber auch etwas nervös sofort los. Wir hatten Angst, dass unsere Traumvorstellung von idyllischen und gleichzeitig leeren Stränden utopisch war. Gleich nachdem wir den ersten Blick auf den Strand erhascht hatten, war uns klar, dass unsere Sorgen unbegründet waren und unsere hohen Erwartungen sogar noch übertroffen wurden.


Strände in Litauen


Der Strandabschnitt nördlich von Klaipeda ist sehr naturbelassen und voller roher und ursprünglicher Schönheit. Es gibt im Baltikum breitere und feinsandigere Sandstrände, für ausgedehnte Spaziergänge und kurze Badegänge fanden wir den Abschnitt aber perfekt. Unsere beiden Zuckerhasen Nelly und Aila wussten vor lauter Freude gar nicht, was sie zuerst tun sollten: Nelly schlug Haken wie ein junges Häschen und Aila wechselte aufgeregt zwischen buddeln, Wellen jagen und Nelly ärgern. Nach einem ausgedehnten Abendspaziergang schlummerten unsere Zuckerhasen fest und zufrieden wie Babys.


Streng genommen sind Hunde an den meisten Stränden in Litauen nicht oder nur zu bestimmten Zeiten erlaubt. Praktisch sahen wir aber überall Hunde – meist mit Einheimischen. Nach und nach fanden wir heraus, dass Hunde zwar oft offiziell verboten, bei rücksichtsvollem Verhalten aber so gut wie immer geduldet waren. Solange man also keinen schlecht erzogenen Hund zur Hauptbadezeit über den Strand jagen lässt, hat man in der Regel keine Probleme.

















Anders in Restaurants und Cafés: Hier waren Fellnasen in den Innenräumen meist verboten. Für uns war dies im Sommer kein Problem und wir fanden immer einen schönen Platz in den Außenbereichen – bei fast durchgehend 25-30 Grad wollten wir ohnehin lieber in der Sonne (oder im Schatten) sitzen.


Wandern auf dem E9 bei Karkle


Der Fernwanderweg E9 verläuft ab Klaipeda meistens auf Trampelpfaden in den wunderschönen, hellen Wäldern direkt am Strand. Eigentlich hatten wir uns vorgenommen, täglich ein Stück des E9 zu wandern, unser Wohnmobil umzusetzen und uns so über weite Strecken bis Tallinn vorzuarbeiten. Schon nach unserem ersten morgendlichen Spaziergang mit romantischem Sonnenaufgang verwarfen wir diesen Plan. An allen Küstenabschnitten, die wir in Litauen besucht haben, kann man endlos direkt am Strand spazieren und ebenso in den hübschen angrenzenden Wäldchen. Wir wollten auf beides nicht verzichten und fanden eine perfekte und gleichzeitig sehr gemütliche Lösung: Wir richteten uns für mehrere Tage auf einem Campingplatz ein, stapften morgens zunächst am Sandstrand entlang (gleicht bei weichem Sand einem Workout) und schlenderten durch die Wälder und über die Wiesen zurück.


















Stadtbummel durch Klaipeda


Nach einigen Tage absoluter Ruhe freuten wir uns auf unseren ersten Stadtbesuch. Klaipeda ist ein netter kleiner Ort, mit gemütlichen Cafés, einigen Restaurants und einer entspannten Atmosphäre. Wir verbrachten einige Stunden dort, tranken einen Tee, aßen frittierte Brotstangen mit Knoblauch-Dip und bummelten durch die schmucken Gassen. Klaipeda ist perfekt für einige entspannte Stunden City-Feeling, ein längerer Aufenthalt dort ist unserer Meinung nach nicht nötig.


Palanga - Badespaß in der Ostsee


Unser nächster Stopp führte uns auf einen Campingplatz in der Nähe von Palanga. Während der Platz wenig idyllisch (dennoch sauber und praktisch) ist, profitiert er von seiner perfekten Lage: Innerhalb von 2 min läuft man durch ein kleines Wäldchen direkt an den ausladenden, breiten Sandstrand, der bis zum Horizont und noch weiter geht. Nelly und Aila tobten ausgelassen miteinander und hüpften wie zwei kleine Ziegen durch das flache Wasser. Auch hier bietet es sich wunderbar an, direkt am Strand zu spazieren und durch die Wälder zurück (in beide Richtungen möglich).


Einige Gehminuten von unserem Campingplatz entfernt fanden wir ein kleines Strandcafé, mit Liegen, Sitzsäcken, Schaukeln und natürlich einem unschlagbaren Blick aufs Meer. Obwohl die Preise etwas überzogen waren, gönnten wir uns hier meistens unseren morgendlichen Cappuccino – die Atmosphäre war einfach zu schön.


Stadtbummel durch Palanga


Palanga ist bunt, lebhaft, laut, beinahe schrill und erstaunlich touristisch. Wir brauchten einen Moment, um zu entscheiden, ob wir das erfrischend oder plump und austauschbar fanden. Der Strand ist auf jeden Fall selbst direkt an der Stadt wunderschön – sauber und breit – und auf der Terrasse des Strandcafés hat man einen bezaubernden Blick auf den Ozean. Vom Stadtzentrum aus führt eine breite, lebendige Fußgängerzone, ähnlich einem Strip, bis zum Meer. Auf diesem Strip quer durch die Stadt findet man fast alles: Restaurants, Geschäfte, Cafés, Fahrgeschäfte wie Boxauto oder eine Geisterbahn und Hotels. Auf der einen Seite spürt man, dass die komplette Fußgängerzone auf reiche (in der Vergangenheit vorwiegend russische) Touristen ausgelegt ist, die in ihrem Urlaub auf nichts verzichten möchten. Auf der anderen Seite spürt man den Charme des Städtchens und entdeckt neben den immergleichen Souvenirständen und grauenvollen Pelzmantelläden versteckte kleine Gärten oder hippe Cafés in hübschen historischen Gebäuden.



















Nach einigen Stunden konnten wir gar nicht anders, als uns von der beschwingten Atmosphäre der Küstenstadt anstecken zu lassen – wir aßen in einem georgischen Restaurant, schlenderten bis zum Strand, wo wir uns eine Rosenlimonade (und den Zuckerhasen einen Kauknochen) gönnten und ließen die Schießbuden, Pelzmantelläden und Souvenirstände einfach links liegen.


Aufbruch nach Lettland und Estland


Nach einigen wunderschönen Tagen brachen wir etwas wehmütig, aber auch voller Vorfreude auf Richtung Lettland. So ganz ließen uns die schönen Orte, die freundliche, offene Atmosphäre und die tollen Strände Litauens aber nicht los und wir planten ein paar weitere Tage im südlichsten Land des Baltikums auf unserer Rückreise ein.


Die letzten Sonnenstrahlen an der litauischen Küste genießen


Bei unserem zweiten Besuch in Palanga schliefen wir einige Tage auf öffentlichen Parkplätzen. In Litauen ist wildcampen nach wie vor erlaubt und in der Nebensaison findet man immer wieder einen schönen Stellplatz auf den Parkplätzen der beliebten Strandabschnitte. In der Hochsaison war es uns hier zu trubelig und eng, Anfang September waren hier kaum noch Besucher.


Heimfahrt über Kaunas


Nach einigen Tagen am Strand entschieden wir uns auf der Heimfahrt für einen Stadtbummel durch Kaunas, der zweitgrößten Stadt Litauens. Obwohl sich eine riesige Baustelle durch einen großen Teil der Fußgängerzone erstreckte, fühlte sich die Stadt gelassen, heimelig und gleichzeitig munter an. Das Essen im veganen Restaurant Vilties vaistines arbatine war traumhaft lecker und wir genossen die lustigen, ungezwungenen Gespräche (hauptsächlich mit Händen und Füßen) mit der sympathischen Kellnerin. Nach einem gemütlichen Stadtbummel und zwei riesigen Stücken Napoleon-Torte (einem traditionellen russischen Kuchen mit Blätterteig und Buttercreme) brachen wir schweren Herzens Richtung Heimat auf.











Liebeserklärung an die baltischen Staaten


Ein Teil von uns kann es immer noch nicht glauben, dass Litauen, Lettland uns Estland so naturbelassen, so friedlich, so gewaltig schön und gleichzeitig so unentdeckt sind. Warum fahren so viele Touristen an die immergleichen, überfüllten Strände in Italien, Kroatien und den Niederlanden, aber kaum nach Litauen, Lettland oder Estland? Eine kleine egoistische Stimme in unserem Kopf sagte uns immer wieder, nicht über diese Reise zu schreiben. Um diesen ultimativen Geheimtipp wirklich geheim zu halten. Aus Angst davor, die Magie könnte verloren gehen, wenn die baltischen Staaten mehr und mehr von Reisenden entdeckt werden. Das ist natürlich Quatsch (oder?). Es ist schwer vorherzusagen, wie sich der Tourismus im Baltikum entwickeln wird. Im Moment können wir uns kaum ein schöneres Reiseziel vorstellen. Nach unzähligen (gemeinsamen) Reisen und über 50 bereisten Ländern waren wir uns einig: unser Rudel-Roadtrip durchs Baltikum war die bislang schönste Reise, die wir je unternommen hatten.


*Namensnennungen - unbezahlt